Tanz verbindet alle Menschen

Ob in der Ukraine oder Russland, in Gaza oder Israel, jeder Mensch dieser Erde wünscht sich Frieden. Leider wird dieses Grundbedürfnis aktuell mit Füßen getreten. Lassen sich dennoch Brücken zwischen den Nationen und Weltauffassungen bauen? Die Tanzlehrer und Choreographen Svetlana und Vladimir Khinganskiy sind fest davon überzeugt. Weil sie auf die universelle Kraft des Tanzes vertrauen, haben sie die Aufführung „Vivat la dance/ Zeit zu leben“ als Plädoyer für den Frieden gestaltet. Unterstützt wurden sie dabei von ihren kleinen und großen Ballettschülerinnen, die aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern stammen.
Am letzten Maiwochenende war die Württembergische Landesbühne zweimal bis auf den letzten Platz besetzt. Zu Beginn der Aufführung am Samstagabend begrüßte Svetlana Khinganskaia charmant das Publikum und erläuterte ihre Intention. Weil sie und ihr Mann tief beunruhigt über die derzeitige Weltlage seien, hätten sie den zweiten Teil des Programms ganz der Sehnsucht nach Frieden gewidmet.

Der erste Teil stand im Zeichen einer bunten Vielfalt von Tanzstilen. Zu Anfang ließen die jüngsten Ballettschülerinnen zur bekannten Ouvertüre der „Nussknacker-Suite“ die Zeit der Romantik im weihnachtlichen Deutschland wieder aufleben. In der nächsten Szene übergab der Pate Drosselmaier, getanzt von Yanna Weber, den Nussknacker an das Mädchen Klara, das von Nicole Bachayan und Angelique Wilhelm dargestellt wurde. Verbirgt sich wirklich ein Prinz in der Holzfigur? Im Traum auf jeden Fall, denn da gelingt es dem Nussknacker, den durch seine tapferen Soldaten zurückzuschlagen den Mäusekönig mit seiner Armee von kleinen und großen Mäusen zu besiegen. Besonders die bezaubernden kleinen Mäuse tanzten sich dabei in die Herzen der Zuschauer. Ein Clownstanz à la Pippi Langstrumpf bot ihnen ein weiteres Podium, bevor die Fortgeschrittenen in orientalischen, chinesischen und russischen Tänzen auftraten und durch Können und Hingabe für eine Augenweide sorgten. Den Höhepunkt des ersten Teils bildete der Blumenwalzer. Diese wunderschöne Hommage an das klassische Ballett wurde von den arrivierten Schülerinnen meisterlich getanzt. Ein „Divertimento“ nach den glasklaren Kompositionen von Johann Sebastian Bach setzte das anspruchsvolle Programm fort, gefolgt von einer schwungvollen Tarantella und einem „Tanzmix“, der vom „Soulfeeling“ und der Musik der 80ger Jahre inspiriert war. Er ging in die Beine und machte Lust auf mehr. Dass Svetlana Khinganskaia des Tanzes noch lange nicht müde ist, bewies sie durch eine humoristische Einlage.
Mit eindrucksvollen neuen Choreografien gab der zweite Teil des Abends dem Thema „Frieden“ Raum. Einen Blick auf die Konsumgesellschaft warf die Eingangsszene „In der Stadt“/Ich will“, in der die Tänzerinnen die Zuschauer in die bunte Welt des Konsums entführten. Auf der Shoppingmeile wurde die Blinde mit ihrem Stock (Yanna Weber) zum Engel, der die Tänzerinnen ihre Luxuskleider wieder beiseitelegen ließ. Hat der Frieden überhaupt eine Chance? In der zweiten Szene hielten friedliche Demonstranten mutig ihre Fahnen hoch und ließen sich nicht von ihren guten Absichten abbringen. Den Höhepunkt des zweiten Teils aber bildeten die Szenen auf dem „östlichen“ Bazar. Für sie hatten sich die Khinganskiys von der Musik der Völker Nahostens inspirieren lassen und ein eigenes Handlungsballett geschrieben. Der Markt ist zunächst eine Idylle, ganz in den Händen der Frauen und Kindern. Es wird getanzt und gesungen, ein paar Betrunkene sorgen für Unruhe, Alltag eben. Dann jedoch bringt ein Bombenangriff Tod und Verderben, und Grabesstille senkt sich über die Opfer. Am Schluss aber siegt die Hoffnung, als sich die Tänzerinnen zum Gedenken an die Opfer noch einmal zu einem gemeinsamen Tanz zusammenfinden. „Diesen Impuls von Hoffnung, Frieden und Licht wollen wir den Kindern vermitteln“, bekräftigte Svetlana Khinganskaja zum Schluss. Auch die Gestaltung mit der Musik, den Kostümen und dem Bühnenbild war vollkommen stimmig. Getragen wurde diese wunderbare Aufführung aber von der Harmonie der kleinen und großen Tänzerinnen mit ihren Lehrern und ihrem großen Können. Wie gut die Aufführung ankam, zeigte zum Schluss das Publikum, das sich mit rauschendem Applaus bei allen Beteiligten bedankte.

Text: Petra Weber-Obrock
Foto: Markus Heni

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